"Ihr seid das Licht der Welt. Es kann eine Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen bleiben. Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter den Scheffel, sondern auf den Leuchter, so leuchtet es allen, die im Hause sind. So soll euer Licht leuchten vor den Leuten, dass sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen. Ihr sollt nicht wähnen, dass ich gekommen sei, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen! Ich bin nicht gekommen aufzulösen, sondern zu erfüllen. Denn wahrlich, ich sage euch, bis dass Himmel und Erde vergangen sind, wird nicht ein Jota noch ein einziges Strichlein vom Gesetz vergehen, bis alles geschehen ist. Wer nun eines von diesen kleinsten Geboten auflöst und die Leute also lehrt, der wird der Kleinste heißen im Himmelreich, wer sie aber tut und lehrt, der wird groß heißen im Himmelreich" (Mt 5,14-19).
1. Gebet für die Gemeinde/den Leib Jesu in Deutschland
Am 24. September erschien ein Artikel in der Welt, der mich sehr betroffen gemacht hat. Dort wird in einigen Beispielen beschrieben, wie in der westlichen Welt in den letzten Jahren Pfarrer versuchen, Menschen zu bewegen, wieder in den Gottesdienst zu kommen:
„Die Kathedrale von Rochester ist die zweitälteste Kirche Englands. Sie lässt sich bis 604 zurückverfolgen. Im Sommer des Jahres 2019 war in der Bischofskirche ein Parcours für Minigolf aufgebaut. Einlochen sollte man, wo sonst Gottesdienst gefeiert wird. Die Pastorin sagte, sie hoffe, ‚dass die Menschen, während sie Minigolf spielen, über die Brücken nachdenken, die in ihrem eigenen Leben und in unserer heutigen Welt gebaut werden müssen‘ … Doch warum bis nach England schweifen, wenn das Spaßige liegt so nah? Anno 2016 durfte in der evangelischen Hamburger Immanuelkirche minigegolft werden – einen Tag nur, doch ein Anfang war gemacht. Die zuständige Diakonin nahm zur Begründung eine Anleihe beim altchristlichen Tugendkatalog: Es wäre 'eine Sünde, einen solchen großen schönen Raum kaum zu nutzen'…
Aber trägt es zum Fortbestand des Christentums bei, wenn sich Kirchen neu erfinden als Kinderbespaßung für Erwachsene? Wenn ein Peter Pan in Soutane unterm Kirchendach hin und her schaukelt, von lachenden, filmenden, giggelnden Mitchristen beäugt? So geschah es im März 2020 in der katholischen Kirche St. Dionysius im nordrhein-westfälischen Rheine …
Es handelte sich um die Arbeit eines 'Licht- und Raumkünstlers' aus Osnabrück im Rahmen der Installation 'Selig schaukeln, glauben, hoffen und lieben auf eigene Gefahr!' In der Kirche hing eine Schaukel für zwei Personen, umringt von zwölf Spiegeln …
Wer nach Kinderart über die Kirchenbänke hin und her schwingt, dem wird vom Künstler versprochen, was Jesus in der Bergpredigt den Friedfertigen vorenthielt und den Barmherzigen und den Verfolgten: Segen. 'Seligmachende Erfahrungen' soll das Schaukeln bewirken.
Die Kletterkirchen werden vom selben kindischen Geist genährt. In Wanne-Eickel sollten Jugendliche am Hochseil die Erfahrung des 'Gehaltenwerdens' machen. Das ist eine schöne Abwechslung zum Schulalltag …
Dann lieber gleich schmusen oder schmausen. Auch dafür findet sich ein Plätzchen im Sakralbau. 'Kirchenkuscheln gegen Adventsstress' hieß die Schlagzeile im Advent 2017. Das Beweisfoto zeigt einen großgewachsenen Herrn in Talar und mit Beffchen, der es sich vor einem Altar gemütlich gemacht hat.
Oder wie wäre es mit Thüringer Klößen? Die deftige Kartoffelspeise ist bestens gelitten zwischen Erfurt, Weimar, Gotha. Was liegt näher, als einen 'Gottesdienst zum Kloßsonntag' zu lancieren?
Stolz hielt im Frühling des Jahres 2019 der Pfarrer aus Mühlhausen eine prall gefüllte Schüssel in die Kamera. Der 'Kloßsonntag' lockte mit 80 Personen rund doppelt so viele Menschen wie an normalen Sonntagen in die evangelische Petrigemeinde.
Anliegen sei es laut Pfarrer gewesen, 'auf die Verantwortung für die Umwelt und Schöpfung aufmerksam zu machen' …
Die Kirchen präsentieren gerne niedrigschwellige Angebote. Sie genieren sich für das Wissen, das sie durch die Jahrhunderte trugen. Sie sprechen lieber, wie alle sprechen, als dass sie durch eine Spezialsprache ihre Besonderheit betonten ...
Insofern sind die Kirchen Wegweiser in viele Richtungen, die der erwachsene Mensch besser meidet."
https://www.welt.de/debatte/kommentare/plus216176936/Infantilisierung-Die-Kirchen-machen-sich-duemmer-als-sie-sind.html