"Berührungen" Nr. 80
Apg 16,16:
„Als wir zur Gebetsstätte gingen, begegnete uns eine Magd, die einen Wahrsagegeist hatte und ihren Herren durch ihr Wahrsagen großen Gewinn verschaffte.“
Apg 16,17:
„Sie folgte Paulus und uns nach und schrie: ‚Diese Männer sind Diener des höchsten Gottes, die euch den Weg des Heils verkündigen!‘“
Apg 16,18:
„Und solches tat sie viele Tage. Paulus, der sehr ungehalten geworden war, wandte sich um und sprach zu dem Geist: ‚Ich gebiete dir im Namen Jesu Christi, von ihr auszufahren.‘ Und er fuhr aus zur selben Stunde.“
Riss Paulus schließlich der Geduldsfaden, und widerstand er in einem Wutanfall dem Geist des Mädchens? Beim ersten Lesen mag es nach diesem Bericht so aussehen - „der sehr ungehalten geworden war“.
Ist dies die Art, wie die Kraft Gottes und Sein Geist arbeiten? Wirken Zorn, Ärger oder Unmut die Werke Gottes? Kann das Fleisch Gottes Ziele ausführen? Steht die Kraft Gottes dem Fleisch auf Abruf zur Verfügung?
Eine bessere Lesart dieses Verses wäre… „er war tief bekümmert und beunruhigt“.
Worüber war Paulus bekümmert? Es muss ihm klar geworden sein, dass das Mädchen „von einem bösen Geist versklavt war“ (Kommentar Tydale). Er war bekümmert und beunruhigt darüber, dass sie durch lüsterne und gierige Männer missbraucht wurde, über das falsche Zeugnis des Namens des Herrn und über die Verhöhnung und den Spott des Dienstes“ (Kommentar POSB).
Wenn wir nicht aufpassen, tendieren wir dazu, unsere eigenen Gefühle mit Gottes Gefühlen zu verwechseln. Wir reagieren auf andere Menschen leicht im Fleisch. Ich höre oft, dass Leute ihren Ärger, ja, sogar ihren Hass damit entschuldigen, es sei Gottes gerechte Entrüstung.
Dies ist eine Gefahr besonders für diejenigen von uns, die einen Dienst haben und für andere verantwortlich sind. Wir können leicht in die Falle tappen, im Fleisch zu reagieren, anstatt auf Gott zu warten, dass Er redet oder handelt. Es ist leicht, unsere Reaktionen fälschlich als von Gott kommend zu betrachten. Welch eine Verwirrung. Sie bringt Unheil und Schaden für alle Beteiligten.
Vor vielen Jahren lebten wir in der Gemeinschaft einer Bibelschule, die Pastoren und christliche Mitarbeiter ausbildete. Ich erinnere mich noch sehr gut an einen Auszubildenden, für den ich mit verantwortlich war, der einige sehr eigenartige Verhaltensweisen und Probleme hatte, die schwer erträglich waren. Sie behinderten seine Entwicklung in Gott und waren außerdem für das Zusammenleben mit den anderen im Haus schwierig. Ich stand unter Druck, etwas zu unternehmen.
Doch der Herr führte anders und wies mich an, Geduld, Liebe und Gnade zu üben, zu beten und nichts zu sagen. So ging es zwei lange Jahre. Dann - eines Tages - scheinbar völlig aus heiterem Himmel heraus, drängte mich der Herr, nach einem Vorfall mit diesem Bruder zu sprechen.
Zwei Jahre Liebe, Geduld, Gnade und Gebet bewirkten den Zerbruch unserer eigenen Herzen und lehrten uns ein paar Dinge über Seine Wege. Und auch sein Herz wurde zerbrochen. Er brach zu einer tiefgreifenden Veränderung durch und schien uns insgesamt ein völlig anderer Mann geworden zu sein.
Wie können wir nun den Unterschied feststellen zwischen dem, was aus uns selbst kommt und dem, was von Gott ist?
Indem wir Ihn zuerst an unserem eigenen Herzen arbeiten lassen.
Hebr 4,12:
„Denn das Wort Gottes ist lebendig und wirksam und schärfer als jedes zweischneidige Schwert, und es dringt durch, bis es scheidet Seele und Geist, auch Mark und Bein, und ist ein Richter der Gedanken und Gesinnungen des Herzens.“
Paulus wartete „viele Tage“, bis Gott ihn bewegte. Was war das Ergebnis? Von Dämonen befreit und durch den Apostel von Gottes Liebe berührt, ist davon auszugehen, dass das Mädchen eine Christin wurde und zusammen mit dem Gefängniswärter, mit Lydia und vielen anderen zur neu entstehenden Gemeinde in Philippi hinzustieß.
Welch ein glücklicher Ausgang.
Wenn uns die Liebe Gottes kontrollieren darf, wird sie andere zu Ihm, der Leben ist, bringen!
Jedoch „…des Menschen Zorn wirkt nicht Gottes Gerechtigkeit“ (Jak 1,20).
Gott segne dich.